Quantcast
Viewing all articles
Browse latest Browse all 9

Roboter als Parkhaushelfer

Viele Parkhäuser in Deutschland sind in einem schlechten Zustand: eng, dunkel und unsicher. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) Ende 2012. Vor allem der Platzmangel stört die meisten Fahrer. »Die Parkbuchten reichen nicht mehr aus, weil die Autos immer breiter werden«, erklärt ADAC-Testleiter Andreas Pohl. Er kritisiert zudem unzureichende Sicherheitsvorkehrungen: Da fehlen Notfallknöpfe sowie Fußwege und Sonderparkplätze für Eltern mit Kindern. Die Fahrbahnmarkierungen sind oft abgenutzt, und die Beleuchtung der Stellplätze ist unzureichend. In zwei Drittel der Parkhäuser gab es außerdem zu wenige Parkplätze für Behinderte.

Doch wie lassen sich die Schwachstellen beheben? Passen künftig weniger Autos ins Parkhaus, wenn die Stellplätze größer werden? Eine alternative Lösung hat das Unternehmen »serva transport systems« aus Grabenstätt am Chiemsee in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund entwickelt. Das System besteht aus fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF), welche die Autos abholen und automatisch so abstellen, dass der gesamte Parkraum optimal genutzt wird. Auch die Kunden profitieren: »Sie müssen nicht mehr nach freien Parkflächen suchen. Das Auto wird für sie geparkt«, nennt Guido Follert vom IML die Vorteile.

Doch wie funktioniert das System? Die Autofahrer lenken ihren Wagen zunächst in eine Abholstation. Sie besteht aus vier Säulen mit Linearachsen, die mittels Laserscanner die Höhe und Breite des Autos genau ausmessen. »Das System ermittelt die Reifenposition sowie die am weitesten vorstehenden Elemente des Fahrzeugs«, erläutert Follert. »Diese Maße werden benötigt, damit die Transportfahrzeuge die Autos nicht beschädigen.« Denn bei einem Geländewagen ist etwa der Rückspiegel viel höher angebracht als bei einem Sportwagen.

Transportroboter parken die Wagen automatisch

Sobald der Fahrer sein Auto in der Station abgestellt hat, holt er sich am Terminal ein Parkticket, und die Transportroboter setzen sich in Bewegung. Sie haben Ähnlichkeiten mit einem Gabelstapler, verfügen allerdings über vier rundum bewegliche Räder, mit denen sie auf engstem Raum manövrieren können. Die FTF fahren ihre Gabelzinken jeweils von der Seite unter die Räder des Autos, so dass je zwei Ausleger eine Radachse anheben. Vorsichtig wird das Auto an den von der Leitsoftware vorgesehenen Platz gebracht. Holt der Fahrer seinen Wagen ab, löst er sein Parkticket ein und bekommt das Auto zur Abholstation geliefert.

Den ersten Praxistest hat das System bereits bestanden. 2012 wurde es in einem Parkhaus der SITA Airport IT GmbH am Flughafen Düsseldorf eingesetzt – zur Begeisterung der Kunden. »Ihnen gefielen vor allem die geräumigen Stationen für das Ein- und Aussteigen«, gibt Geschäftsführer Rupert Koch das Feedback der befragten Autofahrer wider. »Die Abgabestationen sind so groß, dass die Leute alle Autotüren problemlos öffnen können. Außerdem müssen sich die Fahrer ihren Stellplatz nicht mehr merken.« Smartphone-Besitzer können sogar über eine App festlegen, wann sie ihr Auto wieder abholen möchten. Der Wagen steht dann für sie pünktlich in der Station bereit.

Mängel wie enge Parkräume, fehlende Fußwege, schlechte Beleuchtung sind bei diesem Konzept kein Thema. Das Parksystem bietet allerdings nicht nur dem Fahrer besseren Service, sondern hat auch für die Betreiber der Parkhäuser handfeste Vorteile: Es bringt deutlich mehr Autos auf der vorhandenen Fläche unter. »Insbesondere in Spitzenzeiten kommt uns die Technologie sehr gelegen«, sagt Christian Jahncke, Geschäftsführer der SITA Airport IT. »Anstatt Parkhäuser für mehrere Millionen Euro auszubauen, könnte man die vorhandenen Plätze besser nutzen.«

Das intelligente Leitsystem teilt die Parkfläche dergestalt auf, dass Autos so platzsparend wie möglich geparkt werden – etwa, indem es Fahrzeuge gleicher Größe gruppiert. Außerdem kann die Anlage die Autos jederzeit umstellen, wenn eine neue Gruppierung mehr Platz bringt. »Bei konventionellen Parkhäusern schaffen wir damit eine um bis zu 60 Prozent bessere Raumausnutzung«, erklärt Rupert Koch.

Das System nutzt Lasernavigation

Koch hat serva transport systems vor drei Jahren mit zwei ehemaligen Schulfreunden gegründet. Das Trio hatte die Idee für ein System, das Autos in einem Parkhaus greifen und transportieren sollte. Für die Entwicklung suchten sie einen qualifizierten Partner. »Das Fraunhofer-Institut war ideal, weil die Forscher dort schon mit fahrerlosen Systemen etwa in der Logistik reichlich Erfahrungen haben«, sagt Koch. Außerdem besitze das IML ein Patent für eine Lasernavigation. Koch und seine Kollegen erkannten, dass all dieses Know-how gut zu ihrer Aufgabenstellung passte.

Die Installation des Parksystems ist einfach. »Es lässt sich in so gut wie alle bestehenden Parkhäuser einbauen«, betont der IML-Wissenschaftler Guido Follert. »Im günstigsten Fall braucht man dafür nur drei Tage.« Die Betreiber stellen Abholstationen auf und befestigen an den Säulen oder Wänden im Parkhaus Reflektormarken für die Navigation. Die Transporter verfügen über einen rotierenden Laser. Trifft das Laserlicht auf einen Reflektor, misst ein Sensor die Rückstrahlung. Er erfasst stets die Lichtimpulse von drei Reflektoren. So kann die Software mittels Triangulation exakt die aktuelle Position des Transporters im Raum bestimmen.

Das neue Parksystem überzeugt. Mit ihrer Idee kam serva transport systems als eines von drei Unternehmen in das Finale für den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie StartUp. Die Chancen, dass auf diese Art zu parken in vielen Parkhäusern Realität wird, stehen gut. Die Betreiber des Düsseldorfer Parkhauses wollen das serva-System von Dezember 2013 an dauerhaft als »Premium-Angebot« in Betrieb nehmen.

Interessant ist die Technik auch für die Automobilindustrie, die in Deutschland fünf Millionen Fahrzeuge jährlich produziert. Diese werden zunächst im Werk gelagert, anschließend zum Beispiel zur Sammelstation eines Hafens transportiert, dann auf ein Schiff geladen und im Zielhafen sowie in der Zielregion erneut zwischengelagert. »An all diesen Stationen wäre die Technik sinnvoll«, meint Rupert Koch. Auch Abschleppdienste und Falschparker könnten von dem System profitieren: Damit ließen sich die Lager für abgeschleppte Fahrzeuge automatisieren. Sobald die Fahrer ihre Strafzettel bezahlt hätten, würden Roboter die Autos holen. Parken im automatisierten Parkhaus wäre allerdings kostengünstiger.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 9